Sechs Tage nach dem Playoff-Aus gegen Ingolstadt verkündet der EHC Red Bull München erste Personalentscheidungen, die klar auf einen Umbruch hindeuten. Der Kurs heißt auch und vor allem Verjüngung – das geht auch mit einigen Überraschungen einher.

Sieben Abgänge, vier Fragezeichen und drei Neuzugänge – am Mittwoch verkündete der Klub die ersten Personalentscheidungen nach dem enttäuschende Viertelfinal-Aus gegen Ingolstadt. Schon jetzt ist klar, dass beim EHC Red Bull München ein Umbruch vollzogen wird. Der Kader der Münchner wird eine Verjüngung erfahren, zudem wird die Offensive neu geordnet – vor allem auf der Center-Position.

Wir nehmen die ersten Entscheidungen unter die Lupe. Wir verweisen in diesem aber schon jetzt auf die kommende Podcast-Folge 49, die wir Euch am Dienstag, den 4. Mai wie gewohnt zum Frühstück kredenzen werden.

Umbruch: Diese sieben Spieler verlassen den EHC Red Bull München

Chris Bourque (35): Der Topscorer des EHC Red Bull München der vergangenen Saison (7 Tore, 35 Assists) muss das Oberwiesenfeld nach zwei Jahren ein wenig überraschend verlassen. Er fällt der anberaumten Kader-Verjüngung zum Opfer. Ihn hätten wir mit seinen Skills und seinem Auftreten gerne noch ein Jahr gesehen. Der Eishockeyclub hatte offenbar andere Pläne.

Andrew Ebbett (38): Er kam im Februar und sollte den zurück nach Nordamerika abgewanderten Kalle Kossila ersetzen. “Seine Vergangenheit spricht für sich selbst”, hatte Don Jackson über Ebbett gesagt. Der Kanadier hatte beim SC Bern im Sommer 2020 nach fünf erfolgreichen Jahren keinen neuen Vertrag bekommen und erwog sein Karriereende. Das dürfte nun etwas verspätet erfolgen, mehr als die Ergänzungsrolle konnte er beim EHC nicht mehr einnehmen. Auch er passt nicht ins neue junge Konzept.

Jakob Mayenschein (24): Er war zu Saisonbeginn von seiner Ausliehe nach Augsburg zurückgekehrt und die meisten Beobachter sahen bei ihm einen Tribünen-Stammplatz. Denkste, er kämpfte und überzeugte immer wieder durch seinen Einsatz. Aber dass er als Stürmer seit zwei Jahren auf ein Tor wartet, ist wahrlich keine Werbung in eigener Sache. Es reichte insgesamt nicht für Münchner Ansprüche, er sollte aber in der DEL bleiben können.

Kevin Reich

Kevin Reich (25): Extrem schade, aber für ihn persönlich die richtige Entscheidung. Reich benötigt Vertrauen und Spielpraxis – in München bekam er beides zu wenig. Die Torhüter-Position war die mit Abstand umstrittenste Thematik mit Blick auf den EHC-Kader – und das von Saisonbeginn an. Reich geriet vermehrt in die Kritik, wurde aber gegen Saisonende immer stärker und sicherer. Er machte sich absolut berechtigte Hoffnungen auf den Nummer-eins-Status in den Playoffs – vergeblich. “Nach 8 Jahren ist es an der Zeit auf Wiedersehen zu sagen und einen neuen Weg einzuschlagen”, schrieb er auf Instagram. “Ich freue mich auf meine neue Aufgabe.” Diese soll laut Gerüchten in Ingolstadt oder Iserlohn liegen.

Derek Roy (37): Mit dem Langzeitverletzten rechnete wohl kaum ein Beobachter mehr so wirklich. Als er aber nach nach 379 Tagen Zwangspause wieder das EHC-Trikot in der DEL trug, ließ er sein Können einige Male aufblitzen. In Erinnerung bleibt vor allem sein Bully-Trick gegen Köln. Mit Blick auf die Zukunft ist der Kanadier mit seinen 787 NHL-Einsätzen allerdings kein Pfeiler mehr, auf den der EHC Red Bull München nach dem Umbruch setzen kann.

Mark Voakes

Mark Voakes (37): Bringen wir es auf den Punkt: Es ist extrem schade, dass seine Zeit in München so enden muss. Lange war er das kreative Zentrum im Spiel, auch wenn es in der abgelaufenen Saison bereits ins Stocken geraten war. Nach 135 Scorerpunkten in 165 Pflichtspielen ist das dreijährige Gastspiel des Centers, der in den letzten Wochen bereits verletzungsbedingt (laut Gerüchten eine Gehirnerschütterung) gefehlt hatte, beendet. Auch er fällt der Verjüngungskur zum Opfer.

Luca Zitterbart (22): Der Abschied kommt vollkommen überraschend, er dürfte aber auch an der angepassten U23-Regel liegen. Der Linksschütze verletzte sich nach einer sehr überzeugenden Vorbereitung im dritten DEL-Spiel schwer am Arm – die Blessur sollte sein Saison-Aus bedeuten. Auf sein Comeback hatten wir uns ähnlich gefreut wie auf das von Nicolas Appendino, doch Zitterbart wird dies nun in einem anderen Trikot feiern – sehr schade.

Umbruch oder Abbruch? Bei vier Spielern ist die Zukunft noch unklar

Bei gleich vier Verteidigern ist die Frage, ob sie beim Eishockeyclub bleiben, noch offen. Aus unserer Sicht wäre ein Verbleib von Ethan Prow (28) sinnvoll, der im Großteil der Spiele gezeigt hat, wie er der Mannschaft helfen kann. Hier dürfte es auch noch Gespräche mit der NHL-Organisation der Florida Panthers geben, von der Prow bisher ausgeliehen war.

Ebenfalls als sinnvoll würden wir eine Weiterbeschäftigung von Mathew Maione (30) erachten. Eine komplette Vorbereitung mit dem Team könnte die endgültige Zündung sein.

Bei Keith Aulie (31) und Andrew MacWilliam (31) dürfte es “entweder oder” heißen. Nur einer von beiden wird ob des ähnlichen Spielertyps wohl am Oberwiesenfeld bleiben dürfen. Ein Abschied von beiden Defendern ist aber ebenfalls denkbar.

Vier fixe Neuzugänge für München plus zwei Gerüchte

Neben den Abgängen verkündete der EHC Red Bull München parallel, dass die Youngster Julian Lutz (17), Maksymilian Szuber (18) und Filip Varejcka (20) feste Verträge am Oberwiesenfeld erhalten und unterstrich somit den forcierten Umbruch. In unseren Augen ein gutes und richtiges Signal. Alle drei durchliefen die Red Bull Akademie, durften sich in der Vergangenheit bereits im Münchner Trikot zeigen und ließen dabei ihr Talent aufblitzen (passend dazu Podcast-Folge 38: Münchens Kader-Weg in die Zukunft – klug oder gefährlich?).

Julian Lutz

Was die Spatzen schon von den Dächern pfiffen bestätigte der EHC schließlich am Donnerstag. Frederik Tiffels (25) wechselt von den Kölner Haien nach München – ein echter Top-Transfer. Der Nationalstürmer soll laut “Eishockey News” einen Vertrag bis 2023 in München unterzeichnet haben. “Nachdem wir hörten es gebe eine Möglichkeit, Frederik nach München zu holen, haben wir uns sofort intensiv um ihn bemüht”, so Christian Winkler, der Managing Director Sports Red Bull Eishockey. “Aufgrund seiner läuferischen Stärke passt er perfekt in unser Spielsystem.”

Bisher nur als Gerücht verbrieft ist der angestrebte Wechsel des US-Amerikaners Austin Ortega (27) nach München, der aber als sehr wahrscheinlich gilt. Der Stürmer hatte sich im Sommer 2020 geweigert auf 25 % seines Gehalts zu verzichten und verließ daher die Eisbären Berlin, zu denen er im Frühjahr 2019 gewechselt war. Zuletzt spielte er für TPS Turku und Red Bull Salzburg. Ein weiterer Name, der mit dem EHC in Verbindung gebracht wird, ist US-Verteidiger Jonathon Blum (32), der zuletzt für Färjestad BK in Schweden spielte.

Hartnäckig hielt sich auch das Gerücht, dass Nationalspieler Maximilian Kammerer (24) nach München kommen könnte. Fakt ist, dass der Stürmer (Center oder linker Flügel) die Düsseldorfer EG verlässt. Sein neues Ziel ist offiziell jedoch noch nicht bekannt, doch am Donnerstag vermeldeten die “Eishockey News”, dass er sich den Kölner Haien anschließen wird. “Er ist ein interessanter Spieler, aber aktuell kein Thema”, hatte Christian Winkler im Sommer 2020 gemeint. Ein Jahr hätte das freilich anders aussehen können.

Fazit: Umbruch eingeleitet, aber noch lange nicht beendet

Der EHC hat einen ersten harten Cut vollzogen und gezeigt, in welche Richtung es gehen soll. Der Eishockeyclub will sich mit Blick auf die nahende Eröffnung des SAP Garden im Sommer 2022 verjüngen und dynamischer werden. Neben der Center-Position sind die Verteidiger (abhängig von den noch laufenden Verhandlungen) und vor allem die Goalies noch Baustellen, die beackert werden müssen.

Viele rechneten mit einem Abschied von Danny aus den Birken (wie schon in den vergangenen Jahren), doch auch er bleibt am Oberwiesenfeld. Ob ein Keeper-Gespann mit ihm, Daniel Fießinger und Daniel Allavena den hohen Ansprüche Münchens genügt, darf mit Blick auf die abgelaufene Spielzeit bezweifelt werden. Sehr gut vorstellbar ist hier die Verpflichtung eines ausländischen Torhüters. Zudem dürfte man Junioren-Nationalkeeper Florian Bugl (18) aus der Akademie genauestens beobachten. Gleiches gilt in der Offensive sicherlich für Danjo Leonhardt (18).

Der EHC Red Bull München hat den Umbruch eingeleitet, doch das wird erst der Anfang sein.

Bildquellen

  • EHC Red Bull MŸnchen gegen Lausitzer Fuechse – so geht saechsisch-Cup 2020: EHC Red Bull München / City-Press GmbH
  • Testspiel: EC Red Bull Salzburg – EHC Red Bull MŸnchen – 13.09.2020: EHC Red Bull München / City-Press GmbH
  • Schwenninger Wild Wings gegen EHC Red Bull MŸnchen – Magenta Sport Cup 2020: EHC Red Bull München / City-Press GmbH
  • WIN_20200531_16_20_01_Pro (6): Florian Weiß
  • Testspiel: EC Red Bull Salzburg – EHC Red Bull MŸnchen – 11.09.2020: EHC Red Bull München / City-Press GmbH

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