Sport in München, das ist in erster Linie Fußball – verteilt auf zwei Vereine. Der EHC Red Bull München schickt sich aber an, hinter dem FC Bayern und dem TSV 1860 die dritte Kraft an der Isar zu werden. Wir machen die große Münchner Fan-Analyse, die bemerkenswerte Ergebnisse liefert.

Die große Frage, die sich derzeit stellt: Wann dürfen wieder Fans in die Stadien und Hallen Deutschlands? Die Coronakrise macht eine Prognose fast unmöglich (wir empfehlen hierzu unsere Podcast-Folgen 6 und 7). Wenn aber im normalen Saisonverlauf die Anhänger auf die Tribünen Münchens strömen, gibt es einen klaren Platzhirsch und einen klaren Zweiten: Spielen die Fußballer des FC Bayern, ist die Allianz Arena mit 75.000 Zuschauern bis auf den letzten Platz besetzt. Brüllt der Löwe in Giesing, ist das Grünwalder Stadion (fast immer) mit 15.000 Zuschauern ausverkauft.

Dahinter aber herrscht ein Dreikampf um den dritten Platz in der Zuschauergunst an der Isar zwischen den FCB-Basketballern, dem EHC Red Bull München und der SpVgg Unterhaching. Wie schneidet der Eishockeyclub dabei ab? Das “Puck ma’s”-Team ist neugierig geworden und hat sich zu einer Analyse der Zuschauerzahlen der letzten zehn Spielzeiten entschlossen. Und so viel können wir schon jetzt verraten: Der EHC ist auf einem guten Weg, v.a. mit Blick auf den SAP Garden.

Zuschauerschnitt beim EHC Red Bull München auf konstant hohem Niveau

Werfen wir doch einmal zunächst einen Blick auf die Entwicklung der Zuschauerzahlen des EHC Red Bull München selbst. 2007/08 lag der Zuschauerschnitt noch bei 1519, damals in der 2. Liga. Bis zur ersten DEL-Saison 2010/11 hatte er sich bereits auf 3889 mehr als verdoppelt. Es folgte ein Rückgang bis auf 3432 in der Spielzeit 2012/13, doch seither stieg er konstant an und bewegt sich seit vier Spielzeiten über der Marke von durchschnittlich 5000 Besuchern pro Spiel.

Zuschauerschnitt des EHC Red Bull München, aufgeschlüsselt nach Hauptrunde und Playoffs seit der Saison 2007/08
Saison10/1111/1212/1313/1414/1515/1616/1717/1818/1919/20
Hauptrunde3915384334323654427546034858503548195036
Playoffs3195412940155820519158485824
gesamt3889384334323688425648905075523650775036
Zuschauerschnitt des EHC Red Bull München in der DEL, aufgeschlüsselt nach Hauptrunde und Playoffs

An dieser Stelle wollen wir auch mit einem Mythos aufräumen. Die Spiele in der Olympiahalle (Hockey HALLEluja) haben in einigen Jahren zwar den Zuschauerschnitt angehoben, doch von Verfälschen kann (fast) keine Rede sein. Die folgende Tabelle, in der wir die Zuschauerschnitte einmal mit und einmal ohne Olympiahallen-Spiele (2012, 2016, 2017, 2018) aufgelistet haben, zeigt deutlich, dass auch ohne die Festspiele unter dem Zeltdach der Zuschauerschnitt seit 2013 konstant anstieg. Auch 2019/20 wäre ein neuer Rekord möglich gewesen, der Ausfall der zuschauerstarken Playoffs verhinderte dies allerdings.

Saison10/1111/1212/1313/1414/1515/1616/1717/1818/1919/20
mit Olympiahalle3889384334323688425648905075523650775036
ohne Olympiahalle3889353034323688425644164768480050775036
Zuschauerschnitt des EHC Red Bull München, mit und ohne den Spielen in der Olympiahalle

Zuschauerschnitt des FCB-Basketball seit drei Jahren rückläufig

Soviel zu den Münchner Eishacklern, doch wie sieht es bei der direkten Konkurrenz aus? Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf den naheliegenden, direkten Kontrahenten in der Zuschauergunst: Den Basketballern des FC Bayern. Nachdem sich Deutschlands größter Sportverein entschloss, seine Korbwerfer mit Hilfe erheblicher finanzieller Unterstützung wieder in die 1. Liga zu hieven, explodierten die Besucherzahlen. Man zog für ein Jahr ins Olympia-Eisstadion und schließlich weiter in die in Audi Dome umgetaufte und modernisierte Rudi-Sedlmayer-Halle im Westpark. Innerhalb von zwei Jahren schoss der Durchschnittsbesuch so von 907 auf 6177.

Die Strahlkraft der Marke FCB verhalf zu namhaften Sponsoren, das Geld zu Titeln und zu hochklassigem Sport auf internationalem Parkett. Aber ist der bemerkenswerte Zuschauerzuspruch auch nachhaltig? Darüber scheiden sich die Geister. Der Zuschauerschnitt sinkt seit einigen Jahren und nicht wenige Beobachter gehen davon aus, dass ein erheblicher Anteil der Besucher im Audi Dome eher Fußball-Fans sind, die einfach mal einer anderen erfolgreichen Abteilung ihres Vereins einen Besuch abstatten wollen. Bemerkenswert: Den höchsten Schnitt erreichten die roten Korbwerfer in der ersten Saison nach dem Wiederaufstieg in die 1. Liga (2011/12).

Hachinger Schnitt zieht dank des Aufstiegs von 1860 gehörig an

Vor den Toren Münchens kickt mit der SpVgg Unterhaching ein Verein, der es im Schatten von Bayern und Löwen nicht einfach hat. Der Zuschauerschnitt der Münchner Vorstädter bewegte sich sehr lange weit unterhalb der 3000er Marke und fiel während der beiden Jahre in der viertklassigen Regionalliga (15/16 und 16/17) gar unter die 2000er Marke. In den vergangenen beiden Jahren stieg er nach dem Wiederaufstieg in die 3. Liga gehörig an, was ab 2018/19 aber v.a. an den Derbys gegen 1860 lag, die stets mit rund 14.000 Zuschauern ausverkauft waren und so den Gesamtschnitt erheblich anhoben. Zum Vergleich: Der Großteil der weiteren Partien zog zumeist nur zwischen 2000 und 4000 Zuschauer an.

Türkgücü ist neue Unbekannte – Cowboys profitieren von NFL-Boom

Ab der Saison 2020/21 wird mit dem Aufstieg von Türkgücü München in die 3. Liga ein vierter Profifußballverein auf lokaler Ebene vertreten sein. Der letztjährige Zuschauerschnitt lag in der Regionalliga Bayern bei 461. Zur neuen Spielzeit kalkuliert der Verein, der sowohl im Olympiastadion als auch im Grünwalder Stadion spielen wird, mit einem äußerst ambitionierten Schnitt von 5000 bis 6000 Zuschauern (abhängig von den Vorgaben wegen der Coronakrise), wie der sportliche Leiter Roman Plesche gegenüber fupa.net ankündigte.

Nicht zu vergessen sind dann noch die Munich Cowboys, die im Dantestadion am Westfriedhof in der erstklassigen German Football League (GFL) antreten. Deren Zuschauerzuspruch erlebte in den vergangenen sieben Jahren auch durch das gesteigene Interesse hierzulande für American Football einen gehörigen Zuwachs, der Schnitt stieg um mehr als Doppelte an. Dennoch liegen die Cowboys ein gutes Stück hinter Bayern-Baskets, EHC und Unterhaching. Interessant könnte künftig der Vergleich mit Türkgücü werden.

SaisonFC BayernTSV 1860HachingTürkgücüFCB-B.EHCCowboys
2009/1069.00021.97416589072519723
2010/1169.00019.54121539938103889734
2011/1269.00022.627165810161773843713
2012/1371.00023.324211610461283432720
2013/1471.00819.3122229108605036881021
2014/1572.91121.9182537117616242571037
2015/1675.00623.3591268110593848901098
2016/1775.00025.9001959114609850751394
2017/1875.00012.488*2929260589452361876
2018/1975.00014.9533361207537050771798
2019/2075.000*14.923*4611*4615163*5036
Zuschauerzahlen der Münchner Profivereine / * = Geisterspiele nicht berücksichtigt

Zuschauerschnitt: FCB Basketball komplettiert (noch) Münchens Top 3

Mit Blick auf die Entwicklungen des “Best of the rest” des Münchner Profisports hinter den Fußballern des FC Bayern und des TSV 1860 lässt sich also festhalten: Der EHC Red Bull München liegt derzeit auf Rang 4 hinter den Basketballern des FC Bayern, deren Vorsprung aber kontinuierlich schmilzt. Die SpVgg Unterhaching auf Rang 5 pirscht sich zwar an die Red Bulls heran, profitiert dabei aber von den hinzugewonnenen Derbys gegen Sechzig.

Somit ist es durchaus realistisch, dass der Eishockeyclub in naher Zukunft Rang 3 im Profisport an der Isar einnehmen wird. Vor allem, da im Sommer 2022 der SAP Garden im Olympiapark eröffnet, in dem der EHC deutlich mehr Partien bestreiten wird als der FC Bayern Basketball.

Zuschauerschnitte der Vereine hinter FC Bayern und TSV 1860 seit 2007/08 im Vergleich (soweit verfügbar)

SAP Garden: Schub für EHC München plus Lösung eines Dauer-Problems

Die neue Arena wird auch ein seit Jahren akutes Problem des EHC beheben: Die geringe Anzahl an Sitzplätzen. Die derzeit verfügbaren rund 1500 Plätze im Olympia-Eisstadion reichen seit Längerem nicht mehr aus, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Die Auslastung sowohl der Sitzplätze als auch die der Bulls Lounge beträgt über 95 Prozent. Seit zwei Jahren gibt es für Sitzplatz- und VIP-Jahreskarten sogar eine längere Warteliste, da die Kündigungsquote v.a. gegen null tendiert. Insgesamt stieg der Absatz von Dauerkarten seit dem DEL-Aufstieg 2010 um 85 Prozent an.

In der neuen Halle wird die Anzahl an Sitzplätzen auf etwa 8000 verfünffacht, der Anteil von Sitzplätzen an der Gesamtkapazität wird sich von 25 auf etwa 73 Prozent erhöhen. Das Fassungsvermögen des SAP Gardens wird mit ca. 11.000 Plätzen ganze 80 Prozent größer sein als das des alten Olympia-Eisstadions (hier geht es zu unserem FAQ über den SAP Garden). Dies in Kombination mit dem in den ersten Jahren zu erwartenden Hallen-Tourismus (vgl. Allianz Arena ab 2005) und weiterhin erfolgreichem Eishockey dürfte dem EHC Red Bull München in puncto Anziehungskraft nochmals einen extremen Schub verschaffen.

Fazit: Für den EHC Red Bull München ist das Treppchen im Profisport an der Isar zum Greifen nahe.

Bildquellen

  • Zuschauerschnitt-Grafiken2: Florian Weiß
  • Zuschauerschnitt-Grafiken1-1: Florian Weiß
  • WIN_20200531_16_20_01_Pro (6): Florian Weiß
  • ICE HOCKEY – DEL, RB Muenchen vs Berlin: GEPA pictures/ City-Press
Ein Gedanke zu „Zuschauer-Analyse: Bayern, 1860 – und dann? EHC auf dem Weg zur Nummer 3 in München“
  1. Wieder spannender Artikel von euch!

    Könnt ihr per Twitter mal an die Shorthanded-News und Günther Klein schicken!! In deren Podcast und Artikel hört und liest man immer nur , in München interessiert sich keine S… für den EHC. Zudem wird immer von vielen Freikarten gesprochen, was mittlerweile ja nicht mehr der Fall ist und Aktionen ala Student’s Hockey Night etc. gibt#s glaube ich in ganz Eishockey-Deutschland.

    Ich will nicht wissen, wie viele Zuschauer der FCBB in der eigenen Fanbase akquiriert und wie viele da günstige Tickets, Kombi-Tickets usw. bekommen. Wie die ohne Fernsehgelder in einer vergleichbaren Randsportart einen angeblichen Etat von 20 Millionen aufstellen ist mir eh schleierhaft, dass kriegen manche Fußball 2.Liga Clubs ohne Fernsehgelder nicht hin. Trotzdem muss man anerkennen, dass dort glaube ich auch gut gearbeitet wird.

    Ich persönlich glaube, dass sich nach einem Anfangsboom /Hallentourismus, der Zuschauerschnitt beim EHC um die 7.000 einpendeln wird. Für mehr ist in München die Konkurrenz zu hoch und es gibt zu viel Spiele im Eishockey. Wenn es doch mehr werden, umso besser 🙂

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