Am Donnerstag stellte die “Taskforce Eishockey” das Hygienekonzept zur Rückkehr und Wiederaufnahme des Spielbetriebs Eishockey für den Profi-, Breiten- und Nachwuchssport vor, mit dem auch die Zulassung von Zuschauern in den Hallen möglich sein soll. Schon jetzt ist klar: Die Einschränkungen sind immens.

Mit dem sogenannten „Leitfaden für die Wiederzulassung von Besuchern“ sollen “übergreifende Rahmenbedingungen für die Deutsche Eishockey Liga (DEL), Deutsche Eishockey Liga 2 (DEL2) und Eishockey Oberliga (OL) in der Spielzeit 2020/21 definiert” werden, mit denen wieder Zuschauer in die Hallen dürfen. Dieses gut 80 Seiten lange Dokument ist an das Rahmenkonzept zur
„Wiederzulassung von Stadionbesuchern“ der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des Deutschen Fußball Bunds (DFB) angelehnt.

Der vorgestellte Plan soll als Grundlage für die Konzepte dienen, auf der die Vereine ihre eigenen, standortspezifischen Konzepte erstellen. Über deren Zulassung müssen anschließend die jeweiligen regionalen Gesundheitsämter entscheiden. “Jetzt sind die Clubs gefordert. Das Entscheidende muss jetzt vor Ort passieren”, sagte der DEL-Spielbetriebsleiter Jörg von Ameln.

Das erarbeitete Konzept bezeichnet DEL-Boss Gernot Tripcke als wichtigen Schritt für das gesamte deutsche Eishockey. “Für uns in der PENNY DEL sind vor allem die Punkte Wiederaufnahme des Spielbetriebs mit Zuschauern sowie die Arbeitsschutzvorgaben für die Spieler von essenzieller Bedeutung”, sagte er. “Wir haben die Hoffnung und das Ziel, dass wir ab November wieder Spiele vor Zuschauern veranstalten können. Dazu sind wir als Liga sowie die Clubs eng mit den örtlichen Behörden im Dialog. Zugleich ist uns wichtig, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tragfähig sind.”

Jeder DEL-Standort bestimmt maximale Zuschauerfreigabe selbst

Wörtlich heißt es im Hygienekonzept: “Den Rahmen hierfür bildet ein Präventions- und Zuschauermanagement, das sämtliche Elemente der Fan- und Hallenkultur mit einem Mix aus Business-, Sitz- und Stehplätzen schrittweise und mit Bedacht auf den größtmöglichen Infektionsschutz zurück in den Spielbetrieb integriert. Die Voraussetzung hierfür bildet die Definition allgemeingültiger Vorgaben, die für den bundesweit stattfindenden Spielbetrieb flexibel anwendbar sind – unter Einbeziehung aller Stakeholder und Experten aus Clubs in Verbindung mit ihren Fans, Spielbetriebsorganisation und der Wissenschaft.”

Aus dem Hygienekonzept geht zudem hervor, dass jeder Spielort die maximale Hallenkapazität in Abhängigkeit vom lokalen Pandemielevel selbst benennt. Dabei müssen u.a. Abstandsregelungen beim Einlass, im Hallenumlauf und auf den Tribünen, Sicherstellung der Einhaltung von Abstandsregelungen im Steh- und Sitzplatzbereich und die Nutzung der sanitären Einrichtungen beachtet werden. Eine grundsätzliche Sperrung der Stehplätze ist keine zwingende Auflage.

Zugelassene Zuschauerzahl kann sich von Spieltag zu Spieltag ändern

Die Zahl der freigegebenen Plätze in den DEL-Arenen wird zudem abhängig sein von der jeweils herrschenden Pandemieaktivität am jeweiligen Spielort, sodass sich diese auch von Spieltag zu Spieltag verändern kann. Folgende Abstufung ist vorgesehen:

  • Pandemie-Level hoch (≥ 35 Neuinfektionen pro Woche pro 100.000 Einwohner): Keine Zulassung von Zuschauern (analog des Final-Turnieres der Basketball-Bundesliga).
  • Pandemie-Level mittel (≥ 5 und < 35 Neuinfektionen pro Woche pro 100.000 Einwohner): Eingeschränkte Zulassung von Zuschauern unter zu definierenden Auflagen.
  • Pandemie-Level niedrig (< 5 Neuinfektionen pro Woche pro 100.000 Einwohner): Sukzessive Rückkehr zum Normalbetrieb in lokaler Abstimmung zwischen Club und den lokalen Gesundheitsämtern.

Fans müssen Kontaktdaten abgeben – Dauerkartenvergabe per Losverfahren

Für die Fans werden sich weitreichende Einschränkungen beim Stadionbesuch ergeben. So wird neben einer Abstandsregelung auf den Tribünen auch das Halleninnere in Zonen unterteilt werden, die nicht verlassen werden dürfen. Das Singen und Anfeuern soll zudem nur beim Tragen einer FFP2-Maske erlaubt sein.

Am Beispiel des Bundesleistungszentrum für Eishockey und Curling in Füssen wurden weitere Maßnahmen aufgelistet, so u.a. die elektronische Erfassung von Kontaktdaten beim Ticketerwerb, die bei Bedarf unter Einhaltung der Datenschutzrichtlinien den Gesundheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollen Ticketkäufer digital einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen und diesen dem Veranstalter vor Veranstaltungsbeginn zur Verfügung stellen. Dauerkarten sind ebenfalls personalisiert. Übersteigt der Ticketverkauf die Kapazitätsgrenzen der Halle (Luftqualität, Abstandsregelungen), werden die Dauerkartenplätze per Losverfahren vergeben.

Im Schnitt bestehen DEL-Hallen zu 45,7 Prozent aus Stehplätzen

Grundsätzlich gilt: Der Abstand ist auf Sitzplätzen wird deutlich leichter einzuhalten und umzusetzen sein als auf Stehplätzen. “Puck ma’s” hat sich die Daten der 14 DEL-Arenen angesehen, die die große Problematik und Diskrepanz zwischen den einzelnen Standorten deutlich aufzeigen. Im Schnitt liegt der Stehplatzanteil der Hallen bei 45,7 Prozent, wobei die Kölner Haie den geringsten (9,7 Prozent) und die Iserlohn Roosters den höchsten Anteil (76,5 Prozent) verzeichnen. So gesehen hätten die Domstädter noch die beste Ausgangslage, um möglichst viele Zuschauer ins Stadion zu lassen. Der EHC Red Bull München liegt mit 75,3 Prozent Stehplätzen knapp hinter den Sauerländern an vorletzter Stelle dieses Rankings.

 TeamKapazitätSitzplätzeStehplätzeStehplatzanteil
1Kölner Haie18.60016.8001.8009,7%
2Eisbären Berlin14.20011.5002.70019,0%
3Adler Mannheim13.6009.9343.66627,0%
4Düsseldorfer EG13.4009.4004.00029,9%
5Pinguins Bremerhaven4.6473.1231.52432,8%
6Grizzlys Wolfsburg4.5033.0031.50033,3%
7Krefeld Pinguine8.0295.3392.69033,5%
8Nürnberg Ice Tigers7.6724.5133.15941,2%
9Schwenninger Wild Wings5.2002.7132.48747,8%
10Augsburger Panther6.1392.6463.49356,9%
11ERC Ingolstadt4.8161.8942.92260,7%
12Straubing Tigers5.8251.5434.28273,5%
13EHC Red Bull München6.1421.5154.62775,3%
14Iserlohn Roosters4.9671.1663.80176,5%
Verhältnis zwischen Sitz- und Stehplätzen in den Hallen der 14 DEL-Teams, sortiert nach Stehplatzanteil

Kann der EHC Red Bull München nur 957 Zuschauer in die Halle lassen?

Eine in den vergangenen Wochen oft diskutierte Idee stellt die mögliche temporäre Umfunktionierung von Steh- in Sitzplätzen dar. Dabei ist davon auszugehen, dass etwa zwei Stehplätze einem Sitzplatz entsprechen. In unserem Gedankenexperiment könnten somit im Münchner Olympia-Eisstadion aus den 4.627 Stehplätzen etwa 2.313 Sitzplätze generiert werden. Dadurch würde die Gesamtkapazität von 6.142 auf 3.829 sinken. Bei einer coronabedingten Maximalauslastung von 25 Prozent aufgrund der Abstandsregelung (vgl. Podcast-Folge 7) dürften somit nur 957 Zuschauer in die Halle. Ob sich das rentieren würde?

Der EHC Red Bull München läge damit auf Rang 10 der Hallenkapazitäten und wäre eines von 7 Teams, die weniger als 1000 Zuschauer zulassen könnten. Neben den Isarstädtern wären das Schwenningen, Bremerhaven, Wolfsburg, Straubing, Ingolstadt und Iserlohn. Mehr als 2000 Zuschauer könnten so nur in Köln, Berlin, Mannheim und Düsseldorf in die Hallen strömen.

 TeamKapazitätgeschätzte Kapazität
nur Sitzplätze
25% Belegung
der Sitzplätze
Schnitt
2019/20
1Kölner Haie18.60017.7004.42513.333
2Eisbären Berlin14.20012.8503.21312.901
3Adler Mannheim13.60011.7672.94211.891
4Düsseldorfer EG13.40011.4002.8508.642
5Krefeld Pinguine8.0296.6841.6714.669
6Nürnberg Ice Tigers7.6726.0931.5235.104
7Augsburger Panther6.1394.3931.0985.586
8Schwenninger Wild Wings5.2003.9579893.839
9Pinguins Bremerhaven4.6473.8859714.484
10EHC Red Bull München6.1423.8299575.036
11Grizzlys Wolfsburg4.5033.7539382.888
12Straubing Tigers5.8253.6849214.785
13ERC Ingolstadt4.8163.3558394.039
14Iserlohn Roosters4.9673.0677674.131
Mögliche Kapazitäten der DEL-Hallen bei Umwandlung von Steh- in Sitzplätzen

Ab welcher Zuschauerzahl lohnt sich der Spielbetrieb mit Fans?

Eine Umwandlung von Steh- in Sitzplätzen wäre vor allem in den modernen Multifunktionshallen wohl eine realistische Maßnahme, um die Kapazitäten zumindest ein wenig anheben zu können. Bei älteren Eishallen wie dem Münchner Oberwiesenfeld, am Straubinger Pulverturm oder am Iserlohner Seilersee dürfte dies deutlich schwerer umzusetzen sein.

Doch auch so stellt sich an jedem Standort die Fragen, ob eine so geringe Anzahl an Zuschauern sich rechnen würde. “Wir müssen ein eine Lage schaffen, dass wir mit so vielen Zuschauern spielen können, damit sich das rechnet”, betont DEL-Chef Gernot Tripcke im Gespräch mit den Eishockey NEWS. Jeder einzelne DEL-Klub ist nun am Zug ein auf sein Stadion angepasstes Konzept zu erstellen.

Bildquellen

  • WIN_20200531_16_20_01_Pro (6): Florian Weiß
  • 20170827_213824: Florian Weiß

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